Endometriose: die Krankheit behandeln, nicht nur die Symptome

Gezielte und personalisierte Behandlungsmöglichkeiten für Frauen mit Endometriose: So lautet das Ziel der Forschung, die am HFR von Dr. med. Youssef Hibaoui durchgeführt und mit dem Georges-Python-Preis ausgezeichnet wurde.

Vaskularisierung: Dieser medizinische Fachbegriff könnte der Schlüssel zur Behandlung von Endometriose sein. „Im Moment behandeln wir die Symptome der Krankheit, nicht die Krankheit selbst”, erklärt Dr. med. Youssef Hibaoui, Forscher am HFR. Und genau das macht seine Arbeit, die kürzlich von der HFR-Kommission für Forschungsbeiträge ausgezeichnet wurde, so interessant.

Youssef Hibaoui nutzt dabei eine neue Technologie, die sich bei verschiedenen Behandlungen, insbesondere bei Krebs, bewährt hat. „Wir verwenden krankes Gewebe, mit dem wir ein Organoid erzeugen, d. h. ein Labormodell, das wie ein Organ aussieht und funktioniert. Damit können wir der Realität der Patientinnen so nahe wie möglich kommen.” Bei dieser Methode wird krankes Gewebe aus dem Endometrium (der Gebärmutterschleimhaut) für zwei Zwecke entnommen: Erstens für die Analyse der Expression des gesamten Genoms jeder einzelnen Zelle, aus der das Endometrium besteht. „Wir nehmen eine genetische Kartierung jeder einzelnen Zelle vor. Unsere Studie fokussiert insbesondere auf die Endothelzellen, welche die Gefässe bilden.” Das zweite Ziel ist es, ein Organoid aus Endometriosegewebe von Patientinnen zu bilden und die Rolle der Vaskularisierung, d. h. des Vorhandenseins von Blutgefässen, bei der Entstehung der Krankheit zu untersuchen.

Für seine Forschung wendet Dr. med. Hibaoui die Technologie auf Endometriosegewebe an, das er von Patientinnen sammelt. „Um die Endometriose zu diagnostizieren, entnehmen wir Gewebe aus der Gebärmutter. Es wird in erster Linie für die Diagnose analysiert, aber wenn die Patientinnen einverstanden sind, können wir es auch für diese Forschung verwenden.” Damit die Ergebnisse aussagekräftig sind, will Youssef Hibaoui die Patientinnen im Alter von 18 bis 45 Jahren je nach Krankheitsstadium in drei verschiedene Gruppen einteilen (Stadium zwei, drei und vier). „Mit zehn Patientinnen pro Gruppe werden wir bereits genügend Material haben, um erste Schlussfolgerungen ziehen zu können.”

Und der Forscher ist zuversichtlich, dass die Vaskularisierung bei der Entwicklung von Endometriose eine bedeutende Rolle spielt. Eine kürzlich am HFR durchgeführte Studie, die von Professor Dr. med. Anis Feki, Chefarzt der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, geleitet und veröffentlicht wurde, zeigt vielversprechende klinische Ergebnisse für die Behandlung einer Patientin mit schwerer Endometriose.

Für eine gezieltere medizinische Behandlung
Konkret vergleicht Dr. med. Hibaoui in seiner Forschung das Verhalten dieser Endometriose-Organoide in Abhängigkeit von ihrer Vaskularisierung: „Ist das Zellwachstum schneller? Wuchern die Zellen in andere Körperregionen? Vielleicht reicht es bei einigen Patientinnen aus, die Vaskularisierung gezielt anzugehen, während bei anderen eine zusätzliche Behandlung erforderlich ist.”

Endometriose betrifft 10 bis 15 Prozent der Frauen, d. h. eine von zehn Frauen in der Schweiz. Mit seiner Forschung will Youssef Hibaoui deshalb konkrete Lösungen für die Behandlung dieser Krankheit finden. „Wenn wir die Ursachen der Krankheit bestimmen, können wir die Behandlung gezielter gestalten, aber auch weniger invasive Methoden anwenden. Letztendlich wird dank einer auf die Patientin zugeschnittenen Behandlung die Medizin stärker personalisiert.”

 

H24 - Dr. med. Hibaoui

Dr. med. Hibaoui mit dem Georges-Python-Preis