Zwei Gewinnerinnen des HFR-Forschungspreises 2020

Die Ärztinnen Petra Zimmermann und Sophie Lang-Andrey haben den vom Ärztekollegium verliehenen HFR-Forschungspreis 2020 sowie ein Preisgeld von insgesamt 5000 Franken erhalten, das unter den Gewinnerinnen aufgeteilt wird. Die ausgezeichneten Projekte befassen sich mit folgenden Themen: „Die Wirkung von Antibiotika auf die mütterliche und kindliche Mikrobiota und ihre möglichen Auswirkungen auf die Gesundheit” sowie „Fatigue bei rheumatoider Arthritis”.

Interview mit Dr. med. Petra Zimmermann, die seit Januar 2019 als Leitende Ärztin in der pädiatrischen Infektiologie und der Pädiatrie des HFR tätig ist und die Klinik für Pädiatrie des HFR leitet:

 

Frau Zimmermann, warum haben Sie dieses Projekt in Angriff genommen und wie sind Sie auf das Thema gekommen?
Ich war schon immer sehr forschungsorientiert, weil ich es wichtig finde, neue Lösungen in der Medizin zu suchen. Als Spezialistin für Infektionskrankheiten interessiere ich mich für die Mikrobiota (Anm. d. Red.: Gesamtheit der Mikroorganismen, die den menschlichen Körper besiedeln) und ihre positiven Auswirkungen auf die Gesundheit.

Worin besteht Ihre Studie?
Ich möchte beurteilen, inwieweit Antibiotika, die während der Geburt und im ersten Lebensjahr eines Kindes verabreicht werden, seine Mikrobiota verändern und ob sie später gesundheitliche Probleme verursachen. Entwickelt ein Kind, das Antibiotika bekommen hat, mehr Allergien und Ekzeme? Verändert sich das Immunsystem des Kindes mit der Zeit? Die Mikrobiota des Kindes wird dann mit der von Müttern und Säuglingen verglichen, die keine Antibiotika erhalten haben. Die Ergebnisse dieser Studie werden dazu beitragen, die Versorgung von Säuglingen zu verbessern.

Wie gehen Sie vor?
Die Studie wird vier Jahre dauern, aber wir werden einige Ergebnisse schon viel früher haben, wenn wir die Proben sammeln. Unsere Forschungsarbeit umfasst 400 Mütter und Kinder, von denen einige bereits geboren sind und andere noch nicht.

Wie wollen Sie die Ergebnisse dieser Studie konkret in Ihre tägliche Arbeit einbauen?
Wenn die Studie einen Zusammenhang zwischen Antibiotikaeinnahme und Veränderungen in der Mikrobiota aufzeigt, ist dies ein Argument dafür, den Einsatz von Antibiotika zu reduzieren. Die Ergebnisse sollen auch als Grundlage für die Entwicklung von Prä- und Probiotika [RBA1] („gute Bakterien”) dienen, die in Fällen eingesetzt werden können, in denen Antibiotika unverzichtbar sind.

Was bedeutet dieser Preis für Sie?
Er ist eine Anerkennung und Motivation für mein ganzes fünfköpfiges Team.

 

 

Weiter geht es mit dem Interview mit Dr. med. Sophie Lang-Andrey. Nachdem sie 2015 an der Universität Lausanne ihr eidgenössisches Arztdiplom erworben hatte, arbeitete Dr. med. Lang-Andrey zwei Jahre lang in der Abteilung Innere Medizin des HFR, bevor sie von Mai 2018 bis August 2020 in der Abteilung Rheumatologie des HFR tätig war. Zurzeit absolviert sie ihre Spezialisierung in Rheumatologie am Inselspital in Bern.

 

Frau Lang-Andrey, was bedeutet dieser Preis für Sie?
Es ist motivierend und ich freue mich sehr darüber. Es ist auch eine schöne Anerkennung für all die Arbeit, die bereits geleistet wurde, und ein Zeichen dafür, dass es ein Interesse an chronischer Fatigue bei Autoimmunerkrankungen gibt.

Warum haben Sie dieses Projekt in Angriff genommen und wie sind Sie auf das Thema gekommen?
Professor Jean Dudler, der Leiter der Rheumatologie des HFR, schlug mir vor, meine Dissertation mit einer Studie über Fatigue (Erschöpfung) im Zusammenhang mit rheumatoider Arthritis (RA) zu machen. Diese Fatigue ist komplex, schlecht evaluiert und leider versagen die derzeitigen Behandlungen zur Linderung oft. Die Verbesserung des Managements von Fatigue ist eine Forderung, die von den Patienten selbst kommt. Und wir hoffen, dass wir ihnen helfen können.

Worin besteht Ihre Studie?
Bei RA greift das Immunsystem die Gelenke an und kann auch bestimmte innere Organe schädigen. Aufgrund der Entzündung verursacht die Polyarthritis starke Schmerzen, Fatigue und einen Verlust der Beweglichkeit in den Gelenken. Sie ist eine der häufigsten rheumatologischen Erkrankungen, von der ein Prozent der Bevölkerung betroffen ist. Die medikamentöse Behandlung in diesem Bereich hat sich erheblich weiterentwickelt. Therapien können eine irreversible Gelenkzerstörung verhindern und die Entzündung behandeln, aber nicht die damit verbundene Fatigue. Warum nicht? Das ist es, was wir in unserer Studie zu verstehen versuchen.

Wie werden Sie vorgehen?
Wir werden 200 Patienten mit RA rekrutieren und ein Jahr lang begleiten, mit vierteljährlichen Konsultationen. Sie werden Fragebögen zu Müdigkeit, Schmerzen, Schlaf und Depression beantworten. Die Entzündung der Gelenke wird von einem Arzt und per Ultraschall untersucht. Wir werden auch Blut- und Urinproben sammeln. Die Studie wird voraussichtlich etwa zwei Jahre dauern.

Wie wollen Sie die Ergebnisse dieser Studie konkret in Ihre tägliche Arbeit integrieren?
Bei unserem Projekt geht es um drei Dinge. Erstens: Wie kann man die Fatigue am besten evaluieren? Derzeit gibt es etwa zwanzig Fragebögen zu diesem Thema. Zweitens wollen wir die Ursachen der Fatigue bei RA analysieren. Liegt es an Entzündungen, schmerzbedingtem Schlafmangel, Depressionen oder einer Kombination dieser Faktoren? Schliesslich hoffen wir, ein für die Entzündung verantwortliches Blutmolekül zu finden, das diese Müdigkeit zumindest teilweise erklären kann.